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  "Der Weg zum Gipfel ist wie der Weg zu sich selbst - ein Alleingang."

(Allessandro Gogna)                                                                                           Etna/Sicilia







sterne

___________________________


es gibt sterne
die existieren zwar irgendwo
dort oben
in der dunklen unendlichkeit
und doch werden sie
erst in millionen jahren
hier unten sichtbar sein

mein problem ist es
daß ich nicht so lange
warten kann
aber täglich
komme ich ihnen
ein stück entgegen




            (in der Türkei)





erster blick
_____________________________

atemlosigkeit
versteckt hinter
pseudoerfahrungen -
ein wissen
wie das wissen
um die nicht eingelösten
hauptgewinne der tombola
vom letzten sommer

die ersten blicke
werden die letzten sein -
darum schenkt ihnen
bedeutung

das sehen ist
der erste schritt
zum erkennen
das fühlen
ist das leben
und mit dem wissen
kündigt sich der tod an

der tod als hauptverlust
einer tombola
vom nächsten sommer






drei tage
_____________________


blumen mit den lippen             
von den lippen
pflücken
die sonne senkrecht
über uns -
zenit der
atemlosigkeit -
am ersten tag

das wissen
um die körper
intime vertrautheit
mit den zahlreichen
ängsten -
voyeure der eigenen
heimlichen hoffnungen -
am zweiten tag

gemeinsames erwachen
einsames lachen
die heimlichen hoffnungen
werden unheimlich
die sonne flach -
horizont der
fassungslosigkeit -
am dritten tag 

        (Foto: Emilia Romagna/Italia - Link: bei Fiumefredo/Sicilia)        






unterm strich

______________________________

und jetzt spürst du diesen körper
unter der decke neben dir
und du hörst das leise atmen,
und fühlst dich heimatlich bei ihr.

doch da ist auch dieses frieren,
dieser hunger, tief im bauch
und das sterbende verlangen,
diese angst, die spürst du auch.

und die atemnot befällt dich,
tief im herz ein kurzer stich
und du versuchst dir vorzustellen,
was wohl noch bleibt unterm strich.







nun stehe ich vor dir
_______________________


meine schritte
sind die hastigen
eines fliehenden
und die zögernden
eines suchenden

das nasse straßenpflaster
ist eine bodenlose tiefe
die fenster sind irrlichter
und die geräusche der nacht
sind verborgene drohungen

die dunkelheit umgibt mich
wie ein vorhang
meine unentschlossene
ziellosigkeit
hat doch eine feste
unveränderbare richtung

die unbekannte kraft
die mich lenkt und treibt
steckt irgendwo tief in mir
und macht mir angst

und nun stehe ich vor dir
weiß nicht warum
und weiß es doch
                                  und versuche dir
                                  das alles zu erklären

                                                                  (für Regine)

(Foto und Link: bei Malmö/Sverige)











heimkehr_________________


die krallen der ernüchterung
im genick -
die trunkene übereinstimmung
der äußeren mit der
inneren welt
geht verloren

weicht einem klaren kopf
der weh tut -                                                                                      das  herzlich willkommen                                                                                      zu hause
ist die erste größte
und ewigste lüge





stehendes gewässer
_________________________


wir müssen uns wehren
gegen die freundschaftlichen
umarmungen
der verallgemeinerung -
uns lossagen
von normen und namen
und dem täglichen tod
der überlebenden

wir müssen kämpfen
wie der ertrinkende
dem das wasser
bis zum hals steht
und der dennoch
selbst wellen schlägt
in dem zu stillen
stehenden gewässer

wir müssen fliehen
in unsere träume
um kraft zu tanken
für den widerstand
gegen den selbstbetrug -
nur in uns selbst
können wir zu hause sein
und niemals in der welt
der anderen                                                         (Foto: Östersund/Sverige)  





wie früher

_________________________


alles ist noch wie früher,
die melodien,
die worte,
deine stimme...

es hat sich nichts verändert:
meine rastlosigkeit ist geblieben
und meine verletzlichkeit,
auch die wunden
sind noch nicht verheilt,
die ich mir selbst zugefügt habe
und in die du immer
genau hineingetroffen hast.

es hat sich nichts gebessert:
meine ausreden sind noch
genau so zweifelhaft wie damals
und meine versprechen unhaltbar,
auch gute führung wird man mir
ganz sicher nicht anrechnen.

es ist alles noch wie früher,
die melodien,
die worte,
deine stimme...

 




 für mich
______________________           


endlich für mich -
meine sehnsucht
meine träume
mein leben -
endlich für mich

immer habe ich geteilt
was noch nicht einmal
für mich gereicht hat:
meine liebe
meine zärtlichkeit                                 
meinen körper

endlich habe ich alles
für mich -
meinen schmerz
meine traurigkeit
meine einsamkeit

und noch etwas
habe ich:
meine hoffnung -
endlich für dich


(für Martina)

                                                                         (Monte Argentario/Toscana)




durch die zeit
_____________________


häuser fliegen
vorbei
landschaften
menschen

und doch
scheint alles
was ich sehe
unbeweglich

ich bin es
der losgelöst
von allem
durch die zeit
eilt

auf der suche
nach zugehörigkeit
und auf der flucht
davor






falsche richtung
_____________________


manchmal glaube ich
jeder schritt
führt mich in eine
falsche richtung

du - die ich noch
nicht kenne -
warum eile ich
wenn du zögerst
warum verharre ich wenn du vorausgehst?

ich habe angst
vor dir - vor mir -
dich zu verlieren
oder mich zu verlieren
wenn ich dich gewinne

ich flüchte mich
in sinnlose reisen
will alle richtungen
ausprobieren
und lerne dabei
nicht eine einzige
wirklich kennen

                      (Foto: Bahnhof Wetzlar / Link: Stazione Monterosso/Liguria-Italia)






davonlaufen
_____________________


davonlaufen
zug um zug -
gespräche sind
unverständliche
ansagen -
fremde sprachen
die es zu verstehen gilt
ohne sie erlernt zu haben

schweigende blicke
auf landschaften
die es zu durchwandern gilt
ohne sie betreten zu können -
musik in mir
die langsam verstummt

jeden morgen
etwas neues
vor augen
doch immer noch
den vergangenen abend
im kopf




(Foto: Frankfurt/Hauptbahnhof - Link: Stazione Levanto/Liguria)





wogegen ich mich wehren muss

__________________________________________


es ist nicht das eis
und es ist nicht die kälte,
es ist nicht das böse
in manchem gesicht –
es sind nicht die härte
oder die geballten fäuste,
auch kein offenes messer
und auch die dunkelheit
die ist es nicht.

es sind euere hände
auf meinen schultern
und es sind euere worte
in meinem ohr –
es ist das vertrauen
das ihr vergewaltigt
und es ist euer lügen
und euer „herrein“
am offenen tor.

es ist die dummheit
und es sind die schubladen
in die ihr alles steckt
und an denen ihr zieht –
und die kurzsichtigkeit
und euer humor
und der stacheldraht
und das brett vorm horizont –
es ist alles was nicht geschieht.

 
das ist es,
wogegen ich mich wehren muss:
diese kleinen verletzungen,
die in ihrer vielzahl
einen großen blutverlust bewirken –
und gegen einen langsamen tod
ohne daran zu sterben...





suchen
____________________


mich selbst suchen
irgendwann losgelaufen
mit dem wunsch
niemals anzukommen
und doch
mit der hoffnung

und immer
wenn ich mich
gefunden habe
bin es nicht ich
sondern etwas
das so aussieht
wie ich

das mir vorspielt
ich selbst zu sein -
fünf jahre glück
zwei monate trauer
ein paar stunden hoffnung
sekunden der enttäuschung -
aber nie ich selbst

stillstand und
ruhelosigkeit -
selbst meinen körper
verstecke ich
in fremden kleidern

und nackt
vor dem spiegel
ist es mir
als betrachte ich
eine alte fotografie        

                                           (Foto und Link: bei San Marco/Sicilia)





die reise
__________________________
 

wieder einmal stehe ich
auf einem bahnsteig -
richtung überall.
die zeit wird knapp
es bleibt nicht viel Zeit
für erinnerung.

wie schon so oft
laufe ich davon
oder hinterher?
ich habe das nie begriffen -
egal, ich weiß, zur zukunft
ist nur ein sitzplatz reserviert.

weißt du noch, früher
haben wir beide oft geträumt
auf eine weite reise zu gehen
zu einer gemeinsame sonne
oder überhaupt zu
irgendeiner sonne.

ich glaube
diese reise hat
schon lange begonnen






endlich zu hause
_________________________


müde vom ruhelosen suchen
zurückgekehrt
und endlich erkannt,
dass ein kreis
keinen anfang und
kein ende hat.

immer in irgendwelche
fußspuren getreten
und doch nie
aus den eigenen
herausgekommen.

alles besser gewußt,
aber auch immer
schlechter vergessen.
viel um die ohren gehabt,
doch nichts
aus den augen verloren.

endlich zu hause
und endlich begriffen,
dass nicht das suchen
mich müde gemacht hat,
sondern das finden.  






sieg und niederlage

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wie warst du damals stolz,
als du sie für dich
gewonnen hattest,
ich war drei tage lang betrunken.
du hast es überall hinausgeschrien
und ich habe viele nächte
nicht geschlafen.

ich habe dich gehaßt
und sie und mich,
doch ich habe mich genauso schnell
mit dem verlieren arrangiert,
wie du mit dem siegen.
und jetzt sitzen wir beide hier
in dieser kneipe,
weil es uns wohl doch
nicht so recht gelungen ist.

deine augen sind müde
und deine haut ist grau,
sogar deine hände zittern
um das glas gekrallt.
du hast für deinen sieg
teuer bezahlt,
für die wenigen
leidenschaftlichen nächte.
und dennoch beneide ich dich darum.

ja, es ist garnicht so einfach
mit dem gewinnen und verlieren
und mit dem unterscheiden.
doch am ende verlieren wir immer,
wenn wir schon der versuch vermeiden.




Stazione Firenze/Italia  -  Mitternacht                                                                                
(Link: San Marco/Sicilia - Sonnenaufgang) 



"Nicht das Suchen hat mich müde gemacht, sondern das finden."


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(sämtliche Texte und Fotos: Cop. by h.lederer)
           

 
     
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